BOG – Unshriven

BOG – Unshriven

Musik ist meistens mit Emotionen verbunden. Selbst die Geldgier einiger Popsternchen kann als solche gelten.

Wenn nun aber beim Album der Österreicher BOG auch noch tatsächlich eine, oder wie in diesem Fall zwei, Geschichten erzählt werden, kann man sich als Hörer auf eine wahre Achterbahnfahrt der Gefühle gefasst machen. Und leichte Kost sind die Geschichten auf keinen Fall.

Sputnik is send to outer space. The journey begins.

Der Wahl-Österreicher Tim Primbs, der ursprünglich aus Deutschland kommt, verarbeitet mit seinem anfangs solo gegründetem und zu einer vollständigen Band gewachsenen Projekt eine Beziehung, die nicht alltäglich ist.

2013 lernte der Musiker Eva kennen, ein siebzehnjähriges Mädchen, bei der Leukämie diagnostiziert wurde. Die beiden schlossen eine tiefgehende Freundschaft und Tim begleitete Eva bis zu ihrem Tod durch alle Höhen und Tiefen in ihren letzten Lebensmonaten. Neben dieser im sehr schön gestalteten Booklet äußerst intensiv beschriebenen Szenerie, beschreitet die Figur Sputnik eine Reise durch die Leere des unbegrenzten Weltalls zurück zu seiner Heimat, der Erde. Sputnik durchlebt ähnliche Emotionen wie Eva.

Sputnik is the first and only, one of its kind and doomed to live in solitute.

Als Hörer beginnt man die Reise mit einem kurzen Intro, um langsam in die Geschichte einzutauchen. „Heedless“ beginnt mit einer wunderschönen Gitarrenlinie, die etwas hoffnungsvolles vermittelt, sich im nächsten Moment allerdings ins Unendliche verliert. Die Stimmung wird nach und nach bedrückender. Auch im Folgenden „Spare“ bleibt die Stimmung ähnlich. Der dritte Song „Marrow“ stimmt mit seiner majestätischen Erhabenheit etwas milder, aber die Leere und unendliche Weite bleibt weiterhin präsent.

Sputnik orbits the earth. Watching the earth from above reinforces Sputniks loneliness and desire to return home.

Bei „Vanish“ taucht zum ersten Mal Gesang auf. Das kurze Stück wirkt irgendwie verträumt. Allerdings geht es Eva zu diesem Zeitpunkt in der Geschichte am Schlechtesten. Isolation durch die schwere Therapie lassen sie depressiv werden. In „Fellow Traveller“, zu dem ein Video gedreht wurde, werden zum ersten Mal musikalisch recht harte Töne angeschlagen. Gegen sich aufbäumende Gitarrenwände wird angebrüllt. Ach im folgenden „Primus Inter Pares“ wird der unausweichliche Tod immer präsenter. Der Kampf gegen den Krebs ist verloren.

Sputnik looks back on his journey. On all the luminaries that passed by and on it’s experiences. Sputnik wants to stay.

„Stay“ beginnt mit ruhigen verhallten Melodien und steigert sich nach und nach bis eine weibliche Stimme anfängt zu singen. Auch wenn Eva sterben muss, bleibt etwas von ihr. „Mère“ beginnt sehr düster, mit leicht vertracktem Schlagzeugspiel, um dann wieder in etwas ruhiger zu werden. Doch diese Ruhe ist nur von kurzer Dauer. Wieder bäumen sich die Gitarren auf, der Gesang ist gebrüllt. Der Song ist ein Auf und Ab und sehr heftig. Gegen Ende wird die Stimmung wieder erdrückend und traurig.

After 92 days Sputnik burns up reentering the earth’s atmosphere.

„Ninty-two“ ist wieder instrumental gehalten und vermittelt perfekt die Leere, die nach dem Tod eines jeden geliebten Menschen bleibt. Das Lied trägt aber auch eine gewisse Hoffnung mit. Eva wurde von ihren Qualen durch die schwere Erkrankung erlöst und ist nun in einer anderen Shäre angekommen. Der letzte Song „Unshriven“, gleichzeitig das Ende der Geschichte, fasst nochmal alle Stimmungen, die während des gesamten Albums auftreten sehr gut zusammen und trägt etwas Versöhnliches mit sich. Es wird erneut gebrüllt, nur wirkt es hier befreiend. Die Gitarren bleiben durchweg melodisch und wenn sie sich ein letztes Mal auftürmen, weiß man, wie vergänglich das Leben eigentlich ist und wie sehr man jeden Moment davon genießen sollte.

I drop my heart. Unshriven.

Für mich ist dieses Album in seiner Gesamtheit mit über 70 Minuten Spielzeit ein absolutes Highlight in diesem Jahr. Ich habe schon lange nicht mehr ein so tiefgehendes Stück Musik erlebt. Die beiden Geschichten sind fesselnd und emotional erzählt, schriftlich wie auch musikalisch. Am Sound gibt es auch nichts zu meckern, die Gitarren klingen druckvoll, der Bass sorgt für das nötige Fundament und besonders das Schlagzeug wurde sehr schön in Szene gesetzt. Man hört jede feinste Nuance und die Snare knallt ordentlich. Das stimmige Artwork rundet in seinen grünen, grauen und schwarzen Tönen dieses unglaubliche Album ab.

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Von Veröffentlicht am: 23.08.2017Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018730 WörterLesedauer 3,7 MinAnsichten: 909Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on BOG – Unshriven
Von |Veröffentlicht am: 23.08.2017|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|730 Wörter|Lesedauer 3,7 Min|Ansichten: 909|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: |0 Kommentare on BOG – Unshriven|

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Über den Autor: Heiko Lueker

Sozialarbeiter, Heilerziehungspfleger und Musiknerd. Wenn ich nicht arbeite oder Artikel für prettyinnoise.de schreibe, spiele ich Bass in der Post-Hardcore Band Sleeping God oder schaue mir Filme, bevorzugt Science Fiction oder Horror, an. Außerdem bin ich in der Musikerinitiative Laut & Lästig e.V. in Kamen aktiv. Meine musikalischen Vorlieben sind breit gefächert, aber besonders begeistert mich alles, was irgendwie laut, atmosphärisch oder chaotisch ist und ballert. Deftones, Converge, Cult Of Luna, Thrice, Norma Jean und Will Haven sind Bands, die mich über Jahrzehnte begleiten.

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