Glasgow Coma Scale – Enter Oblivion

Glasgow Coma Scale – Enter Oblivion

“Och nee, nicht schon wieder Post-Rock” werden nun einige rufen. Eine Szene, die ständig zu wachsen scheint, mit immer neuen Bands die immer gleich klingen und sich meist an den großen Namen wie Explosions In The Sky, Mogwai, Godspeed You! Black Emperor oder Caspian orientieren. Eine Szene, die irgendwie alles ist – nur nicht innovativ. GLASGOW COMA SCALE aus Frankfurt am Main machen in dieser Hinsicht fast alles anders.

LP kaufen Vö: 12.12.2016 Fluttery Records

Mit ihrem Debut Album, welches auf dem Qualitätslabel Fluttery Records aus den USA erscheint, erweitern sie die sonst üblichen Grenzen des Post-Rock Sounds um mehrere Breitengrade und lassen andere Stilrichtungen wie Psychedelic-, Progressive- und Stoner-Rock in ihren äußerst vielschichtigen Sound mit einfließen. Man mag kaum glauben, dass es sich hier um ein Trio handelt. Die dezent eingesetzten elektronischen Spielereien fügen sich wie ein fehlendes Puzzleteil in den mächtigen Gesamtsound ein und verschaffen damit noch mehr Atmosphäre und Tiefe.

Der Opener „Sonda“ macht direkt klar, wo die Reise hingeht. Druckvoll und doch filigran strömt der Sound wie heiße Lava aus den Boxen und schnell wird dem geneigten Hörer klar, dass das hier kein handelsüblicher Post-Rock ist. Der sonst so typische Aufbau von Post-Rock Songs von leise über etwas lauter hin zu ganz laut – den sucht man auf diesem Album glücklicherweise vergeblich. Bei GLASGOW COMA SCALE dreht sich fast alles um hitverdächtige Riffmonster. Im sphärischen „Southern Crosses“ scheint es, als würden Bass und Gitarre ein romantisches Liebesgespräch führen, bevor der schöne Abend in einem brachialen und leidenschaftlichen Liebesspiel mündet. Dieser Song dürfte ein Klassiker in der instrumentalen Rock-Musik werden. Und ich sage bewusst nicht Post-Rock, das hier ist viel mehr: Songorientierter, lauter, schneller und heftiger. Das daurauffolgende „Northern Wastes“ ist in seiner Ruhe, Schönheit und Getragenheit ein Song, den Mogwai sicher auch gerne geschrieben hätten. Die Gitarre zaubert mit einer Leichtigkeit diese Melodie in die Gehörgänge, und ist sie erst einmal angekommen, bleibt sie vermutlich für die Ewigkeit. Aber bevor einen diese Schönheit der Musik vollkommen in Trance versetzt, steigert die Band den Song auf eine höhere, lautere Ebene. Das ist wunderschön inszenierte Rockmusik die sogar mit klassischem Gitarrensolo daherkommt. Die Uptempo Nummer „Venice Calling“ ist wie ein Ritt auf einem Wildpferd. Ständig nach vorne, zügellos und dennoch melodiebeladen.

Es macht einfach Spaß dieser Band aus Deutschland zuzuhören. Das Album, bestehen aus 7 Songs, lässt dem geneigten Post-Rocker sicherlich die Kinnlade runterrutschen. Hier scheint alles zu stimmen: Songaufbau, Melodien, Härte, Tempo und natürlich Melancholie sind vereint in einem wirklich tollem Album ohne irgendwelche Ausfälle. Man mag teilweise überhaupt nicht glauben, dass das hier eine Band aus Deutschland ist. Wer so international klingt hat auf jeden Fall Aufmerksamkeit verdient.

Das Album kann man sowohl als CD über Fluttery Records , als auch über die Webseite der Band auf Vinyl käuflich erwerben. Lohnenswert ist das auf jeden Fall, ich habe selten ein Album gehört, was zwar unter der Überschrift „Post-Rock“ steht, aber dennoch so anders ist. Die Vielschichtigkeit im Sound und das liebäugeln mit anderen Genres machen „Enter Oblivion“ zu einem ersten Highlight im noch jungen Jahr 2017 und GLASGOW COMA SCALE zu einer Band, über die man vermutlich noch viel sprechen wird. Großartig!

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Von Veröffentlicht am: 04.01.2017Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018560 WörterLesedauer 2,8 MinAnsichten: 841Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 4 Kommentare on Glasgow Coma Scale – Enter Oblivion
Von |Veröffentlicht am: 04.01.2017|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|560 Wörter|Lesedauer 2,8 Min|Ansichten: 841|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: |4 Kommentare on Glasgow Coma Scale – Enter Oblivion|

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Über den Autor: Jan Platek

Geboren 1976 Vater, Vinyl-Sammler und Musiker

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4 Comments

  1. nkm 06.01.2017 at 18:30 - Reply

    Mag sein, dass viele Bands die selbe alte, langsam langweilige Formel benutzen. Dennoch gibt es einige, die aus dem ganzen Brei herausstechen: Glasgow Coma Scale, Baulta, Tides From Nebula usw. sind z.B. zu nennen.

    Ich bin ein Fan von gut abgemischten, hörbaren Bass im Post Rock. Dieses ewige hohe rumgedudel ist auch nichts für mich

  2. Sebastian 04.01.2017 at 22:05 - Reply

    Hallo!
    Würde mich freuen wenn jemand mal auf mein Kommentar eine Diskussion
    Los tritt!
    POST ROCK IS DEAD!
    Wer fängt an?
    Gruss
    Sebastian

  3. Sebastian 04.01.2017 at 20:36 - Reply

    Oh nicht schon wieder Postrock! Ja das denke ich auch! Habe die Szene 10 Jahre mit Begeisterung verfolgt aber die ständige 3 Akkordfolge mit Laut – Leise Dynamik und Melancholie Alibi Atmosphäre ist gähnend langweilig!
    Denn wie schon beim Progressiv Rock, mit dem viele eine Musikrichtung verbinden, in Wirklichkeit aber Innovation in jede Richtung sein sollte, ist Post Rock seit langer Zeit eine langweilige Aneinanderreihung von Klischees!
    Nur die wirklich grossen Mitbegründer die diese Bezeichnung mittlerweile hassen wie MOGWAI, GODSPEED etc sind innovativ!
    Post Rock ist definitiv tot, genau wie es der Rock auch ist und nur weil er noch existiert heißt es nicht das er noch relevant ist! Punkt!
    Sebastian

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