Heim – Palm Beach

Heim – Palm Beach

„Ich glaube alles was ich sage / Ich bleib genau der, der ich bin“. Mit diesen klaren, schönen Worten wird man von Heim eingelullt.

Vö: 23.09.2016 Tapete Records iTunes LP kaufen

Diese Worte malen ein Bild von Sicherheit, von Stabilität. Ein Gefühl, das Heim dem Hörer unter seinen Füßen wegreißen wird. „Palm Beach“, das erste Album der Band Heim, tief aus der bayerischen Provinz, ist ein ausgenommen schizophrenes Stück Musik.

Auf der einen Seite beherbergt es nostalgischen Indie-Rock: Die Stimme des Sängers Denny Thasler erinnert direkt an die warme Klangfarbe eines Doug Martsch. Die Gitarre jagt mit der holprigen Eleganz eines Stephen Malkmus durch die ersten Songs, gefiltert durch den herrlichen Dreck der frühen Dinosaur Jr. Alben. Der notorisch verzerrte Bass peitscht die Drums durch diese Lieder, doch Thasler kombiniert die treibenden Arrangements mit nüchternen Texten: „Es lohnt sich nicht / Alles bleibt wie es schon immer war“ („Nächstes Mal“).

Bemerkenswerterweise finden Heim in all diesen 90er-Jahre-Indie-Referenzen ihre ganz eigene Stimme: Das wunderbar schräge Riff von „Der letzte Halm“ verstrahlt maximale Euphorie, im harten Kontrast zum verzweifelten Gesang. Heim singen viel über die düstere Welt und die düstere Zeit, kombinieren dies jedoch mit überraschend eingängiger Melodik und ihrer stürmischen Rhythmusgruppe.

Und dann dreht man die Platte um.

Und plötzlich entpuppen sich Heim als gnadenlose No-Wave-Sadisten. Der Stimmungswechsel fühlt sich abrupt an, ist aber von langer Hand geplant. Langsam und subtil hat sich der Noise in die Songs eingeschlichen. Er entlädt sich in den letzten beiden Stücken: „Ich glaub ich werd krank“ ist ein brutales Stück Noise-Rock, dessen Groove sich auch auf dem letzten Swans-Album wohlgefühlt hätte. Der Bass spielt ein messerscharfes Staccato, der Gitarren-Lärm schiebt sich langsam und qualvoll in unmenschliche Höhen. „Nein“, der Abschluss des Albums, treibt diesen Exzess noch weiter auf die Spitze. Und Thasler schreit sich die Seele aus dem Leib. Als würden Heim einen Höllenschlund unter ihrem idyllischen Palmenstrand öffnen. Und am Ende bleibt nur die Stille.

„Palm Beach“ ist eine wundervolle, beängstigende Platte. In ihrem Kontrast aus sentimentaler Rock-Musik und brutalem Lärm zeigen Heim eine Ambition, die in der deutschsprachigen Musik viel zu selten dargeboten wird. Es ist ein wunderbarer Soundtrack zu unserer düsteren Zeit.

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Von Veröffentlicht am: 23.09.2016Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018387 WörterLesedauer 1,9 MinAnsichten: 882Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on Heim – Palm Beach
Von |Veröffentlicht am: 23.09.2016|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|387 Wörter|Lesedauer 1,9 Min|Ansichten: 882|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: |0 Kommentare on Heim – Palm Beach|

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Über den Autor: Marius Magaard

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