Tristan Rêverb – Senseless Presence

Tristan Rêverb – Senseless Presence

Wer bei Tristan Rêverb einen Solo-Künstler erwartet, der irrt. Das Album „Senseless Presence“ der sechsköpfigen Formation um den Sänger und Gitarristen Tristan Hall klingt nach einer Kommunikation, die erst nach vielen gemeinsamen Stunden des Zusammenspiels entstehen kann.

Ganz falsch ist die Annahme aber nicht, denn Tristan Rêverb begann 2013 als Solo-Projekt. Aus dieser Zeit stammt ein großer Teil der Ideen, die auf Folk und Blues basieren und auf „Senseless Presence“ ausgearbeitet wurden. Die acht Stücke des Albums sind im Durchschnitt länger als sechs Minuten, womit sie sich eher unbeeindruckt von Konventionen zeigen. Die Form ist offen und nicht auf Standards festgelegt. Längere Passagen basieren auf repetitiven Mustern mit improvisatorischem Charakter. Klangtexturen verdichten sich und werden wieder dünner. Man versucht den Strukturen zu folgen, versinkt aber immer wieder in Kontemplation.

Ihre Experimentierfreude zeigt sich auch in weiteren Bereichen. Als tragende Klangerzeuger auf „Senseless Presence“ sind neben Bass, Schlagzeug und (E-)Gitarren auch Trompete und Rhodes zu hören. Dazu ist das sechste Bandmitglied für die Bedienung des Solton „Commander 4000“ zuständig, ein Mischpult mit integriertem Tape-Echo. Mit diesem Mischpult sind die verschiedenen Instrumente und der Gesang verschaltet und können dadurch in Echtzeit moduliert werden. So werden ständig einzelne Spuren abgegriffen und mit Echo bearbeitet. Die Trompete legt sich in Schichten über sich selbst, einzelne Silben des Gesangs eiern eine Zeit lang nach, das Rhodes ist mal ganz nah, mal bewegt es sich in der Ferne. Zwischen Psychedelia und Ambient wird man mit Blues, verzerrten Gitarren oder expressiven Trompeten konfrontiert. Im Gesamteindruck werden teilweise eklektisch anmutende Klanglandschaften entworfen, die an frühe Post-Rock-Alben wie „Hex“ von Bark Psychosis (1994) oder „Laughing Stock“ von Talk Talk (1991) erinnern.

Das Album wurde live und ohne Kopfhörer in nur einem Raum aufgenommen. Das hört man, denn die Atmosphäre samt Körperbewegungen und Rauschen wurde mit aufgezeichnet. Anders wäre ein so dynamisches Zusammenspiel wahrscheinlich auch nicht möglich gewesen. Der Sound ist durchgehend organisch und klingt nach analoger Wärme und LoFi-Ästhetik.

Für die Produktion entschied man sich für Ralv Milberg, in dessen Studio bereits Alben von Die Nerven, Karies oder Human Abfall aufgenommen wurden. Die Bandcamp-Seite von Tristan Rêverb verzeichnet eine Kollaboration mit Max Rieger (Die Nerven, All diese Gewalt) aus dem Jahr 2012, und die Tatsache, dass „Senseless Presence“ bei dem Stuttgarter Label Treibender Teppich Records erscheint, bestätigt ein weiteres Mal, dass sich dort in den letzten Jahren eine kreative Musikszene entwickelt hat, für die sich auch über die Grenze Deutschlands hinaus aktuell kaum ein Vergleich findet.

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Von Veröffentlicht am: 03.08.2016Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018432 WörterLesedauer 2,2 MinAnsichten: 820Kategorien: Alben, KritikenSchlagwörter: 0 Kommentare on Tristan Rêverb – Senseless Presence
Von |Veröffentlicht am: 03.08.2016|Zuletzt bearbeitet: 02.12.2018|432 Wörter|Lesedauer 2,2 Min|Ansichten: 820|Kategorien: Alben, Kritiken|Schlagwörter: |0 Kommentare on Tristan Rêverb – Senseless Presence|

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Über den Autor: Paul Kaspar

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