Motional / Grand Ciel – Ater / Iterare
Dieses Album zweier unterschiedlicher Künstler ist etwas ganz besonderes und ich erkläre Euch auch warum.
Vö: 21.09.2018 Mt. Gargan Rec. LP kaufenMit Split-Alben ist es ja meistens so eine Sache. Band A gefällt einem persönlich sehr häufig und Band B wird oftmals nur als nette Zugabe akzeptiert. Das ist zwar nicht immer so, aber durchaus meine Erfahrung. Kurz gesagt: Eigentlich bin ich kein großer Fan von Split-Alben. Bei den beiden hier zu hörenden Projekten (von Bands kann man hier unmöglich sprechen) sieht die Sache jedoch irgendwie anders aus. Zwei Künstler, die sich in wunderschönen Klanglandschaften ihre eigene kleine Welt erschaffen haben und mich mit einem atmosphärisch dichten Album vollkommen überzeugt haben. „Ater / Iterare“ gleicht einer musikalischen Rundreise, die auf ihrem Weg durch Ambientflächen, elektronischem Wahnsinn, orchestralen Bombast und dezenten Post-Rock Elementen wandert und gefühlt niemals am Ziel ankommt. Dieses Album zweier unterschiedlicher Künstler ist etwas ganz besonderes und ich erkläre Euch auch warum.
Der eine ist der Gitarrist der französischen Post-Rocker Parqks – er nennt sich nun Grand Ciel. Der andere nennt sich Motional und überzeugte im Jahre 2013 mit seinem Debüt „First“ interessierte Post-Rock / Electronic Fans.
Beide bündeln hier nun ihre Kräfte um eines der vielschichtigsten Ambient / Electronic Alben des Jahres 2018 zu produzieren. Die klangliche Weite und Schönheit lässt sich nur sehr schwer in Worte fassen – zu vielschichtig bauen sich diese kleinen Kunstwerke vor einem auf. Man möchte weinen – so packend ist die Melancholie inszeniert. Teilweise ersetzt das Gefühl der Beklemmung die entspannte Atmosphäre die auf diesem tollen Werk vorherrscht. Alles fließt wie ein glasklarer Fluss in dessen sanfter Strömung man nie den Halt verlieren kann. Die Musik wirkt seltsam vertraut und gleichzeitig doch auch irgendwie neu. Der Sound kommt so unglaublich druckvoll und doch detailverliebt aus den Boxen das man fast nicht glauben möchte, dass dieses Album in einem kleineren Ort in Frankreich entstanden ist.
Das hier klingt viel mehr nach einer US-amerikanischen Produktion gemastert von Trent Reznor.
Erstaunlich ist bei diesem Split-Album, dass sich die Künstler mit ihrer Vision von Musik perfekt ergänzen. Man bekommt den Eindruck, dass die 11 Songs des Albums auch gut und gerne von ein und demselben Künstler stammen könnten – es ist qualitativ absolut kein Unterschied erkennbar. Die ersten 5 Stücke steuert Motional bei, bevor Grand Ciel die zweite Hälfte des Albums (bestehend aus 5 Stücken und einem Bonustrack) sanft eröffnet.
Ich rede hier bewusst von Stücken, da hier alle gängigen Songstrukturen komplett missachtet werden. Wer hier klar Songs im klassischen Sinne sucht, den muss ich leider enttäuschen. Alles fließt, wabert und fühlt sich an wie ein Ritt auf einer Wolke aus Zuckerwatte. Der Künstler Motional kommt mit „Globule“ und „Forest“ dem typischen Post-Rock Sound verdammt nahe ohne aber die gängigen Klischees auszunutzen. Das hat wirklich Klasse.
Grand Ciel präsentiert mit „Lucia“ einen Synthesizer Hit, der es so auch auf ein Oneohtrix Point Never Album geschafft hätte. Bei „In A Heartbeat“ könnte man meinen, Rafael Anton Irisarri hätte mit Kiasmos einen Song aufgenommen. Die Wörter „packend“ und „entspannend“ wachsen hier unglaublicherweise zusammen. Und genau dieses Gefühl habe ich bei dem gesamten Split-Album: Es ist packend und entspannend zugleich. Der Grand Ciel Bonustrack „En Chemin“ erinnert an die Synthesizer-Eskapaden eines Nils Frahm ohne dabei kopieren zu wollen. Hier ist „Inspiration“ ein Stichwort das gelebt und gefühlt wird.
Dieses Werk taucht definitiv in meiner Best-of-2018 Liste auf. Unglaublich schön.
Motional und Grand Ciel verdienen Erfolg. Das hier ist Kreativität auf allerhöchstem Niveau. Bitte. Jetzt. Kaufen. Danke. Auf der Bandcampseite des Labels Mt Gargan Records gibt es für alle Vinyl-Fans noch das ein oder andere Schmankerl.
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